Internationale Händel Festspiele Göttingen 2024

KALEIDOSKOP Spielzeit 2024

Foto: Leungchopan | Fotolia KULTURPARTNER DER INTERNATIONALEN HÄNDEL-FESTSPIELE GÖTTINGEN NDR KULTUR APP UNSER PROGRAMM IMMER DANN HÖREN, WANN SIE ES MÖCHTEN.

KALEIDOSKOP Spielzeit 2024 6 Willkommen · Welcome AUSBLICK 18 Deborah HWV 51 25 1. Festspieltag · Festival Day 1 26 Il Trionfo del Tempo e del Disinganno HWV 46 a 31 2. Festspieltag · Festival Day 2 36 Sarrasine 41 3. Festspieltag · Festival Day 3 47 4. Festspieltag · Festival Day 4 55 5. Festspieltag · Festival Day 5 56 göttingen händel competition 67 6. Festspieltag · Festival Day 6 73 7. Festspieltag · Festival Day 7 77 8. Festspieltag · Festival Day 8 81 9. Festspieltag · Festival Day 9 91 10. Festspieltag · Festival Day 10 92 Israel in Egypt HWV 54 97 11. Festspieltag · Festival Day 11 105 12. Festspieltag · Festival Day 12 111 Händel 4 Kids! EINBLICK 128 FestspielOrchester Göttingen 130 Göttinger Händel-Gesellschaft e.V. DURCHBLICK 134 Festspielorte · Festival Locations 136 Saalpläne · Seating plans 140 Bustransfers & Barrierefreiheit Bus transfers & Barrier-Free Accessibility 142 Ticket VVK · Ticket sales 9.2.24 149 Impressum · Legal Notice 150 Festspielkalender · Festival Calendar

6 7 Liebes Publikum, Seit über 100 Jahren wird Händels Werk in Göttingen mit jährlichen Festspielen gewürdigt. Oskar Hagen weckte 1920 die Begeisterung für zeitgemäße Inszenierungen, zahlreiche Werk-Entdeckungen und Impulse für die Händel-Rezeption sind in den Folgejahren hier entstanden. Die Begeisterung und das Engagement des Göttinger Publikums zeichnen die Festspiele aus. Wir wollen Sie und Ihre Gäste aus dem In- und Ausland auch weiterhin begeistern und zeigen, dass Händels Werk bis heute nichts von seiner Aktualität verloren hat. Schönheit in der Form bei vielleicht nicht immer nur schönen Themen – dafür haben wir das Bild des Kaleidoskops gewählt. Wer das Schöne sehen will, muss manchmal die Augen schließen. Beim Gebrauch eines Kaleidoskops kneift man nur eines zu, während das andere Auge in die kleine, bunte Welt voll glänzender Farben späht. Glitzernde Scherben, die sich im Drehen und Wenden immer neu for- mieren – so schillernd und sich stets erneuernd wirkt auch die Musik von Georg Friedrich Händel. In seinen Stücken finden sich klingende Mythen und so moderne Themen, als hätte Händel durch ein Fernrohr in die Zukunft geblickt. Sei es die Vergänglichkeit des Menschen bei Il Trionfo del Tempo e del Disinganno, seine Identitäten und Rollenbilder bei der Festspieloper Sarrasine, Krieg und Vertreibung bei Israel in Egypt, oder nachhaltige Werte – all das, was uns heute umtreibt, klingt bereits in Händels Wer- ken an. Das Programm der Festspiele 2024 schlägt die Brücke vom 18. ins 21. Jahrhundert und entdeckt in Händels Musik Anknüpfungspunkte für die großen Fragen unserer Zeit. Mit der Festspieloper Sarrasine wird der Bogen zusätzlich ins 19. Jahrhundert gespannt und eine weitere Ebene eröffnet: In diesem Pasticcio wird ein Meisterwerk der Literatur des 19. Jahrhunderts mit weitgehend unbekannter Musik Händels kombiniert. Das Ergebnis ist ein so noch nie dagewesenes Werk. Viel Neues im Bekannten wollen wir Ihnen auch bei den Konzerten in Göttingen und der Region Südniedersachsen präsentieren. Händel aus der Sicht des Geigers Joseph Joachim oder eine aktuelle Jazz-Variante neben der historischen Interpretation durch unser FestspielOrchester Göttingen, das Saxophon neben einem Blockflötenduo der Extraklasse oder Instrumente wie Serpent, Salterio und Carillon – all dies mit herausragenden Künstlerinnen und Künstlern, die nach Göttingen kommen, um Händel zu feiern. Kaleidoskop, das heißt nach seinem griechischen Wortursprung „schöne Gestalten sehen“. Wo diese Schönheit in Händels Werken aufblitzt, liegt dabei im Auge der Betrachtenden. Wie beim magischen Fernrohr ändert sich die Ansicht immer wieder und ermöglicht individuelle Interpretationsmöglichkeiten – für die Ausführenden, die Händel-Profis oder die Zuhörenden, die den Komponisten gerade erst kennenlernen. Um den Fokus in der Gegenwart zu schärfen, lohnt sich oftmals der Blick in die Vergangenheit. Eine ganz eigene Perspektive auf diese Musik und ihre Themen zu finden – dazu laden wir Sie herzlich ein. Willkommen · Welcome Glitzernde Scherben

Willkommen · Welcome 8 9 Dear Audience, for over 100 years, Göttingen has honoured Handel’s work by holding annual festivals. In 1920, Oskar Hagen ignited a passion for state-of-theart productions, and in the years that followed, countless discoveries of Handel’s works and new ideas for their reception were born here. The enthusiasm and commitment of Göttingen’s audiences is what distinguishes this Festival. It is our aim to continue to inspire you and your guests from home and abroad and to demonstrate that Handel’s work has lost none of its relevance to the present day. Beauty in form, despite subjects that are not always beautiful – that is why we have chosen the image of the kaleidoscope. If you want to see beauty, sometimes you have to close your eyes. With a kaleidoscope, you close one eye while the other peers into a small, vibrant world of dazzling colours. Sparkling little fragments, constantly reshaping themselves as they twist and turn – the music of George Frideric Handel is equally dazzling and constantly renewing itself. His pieces echo myths and modern themes, as if Handel had peered into the future through a telescope. Whether it is the transience of man in Il Trionfo del Tempo e del Disinganno, identities and role models in the Festival opera Sarrasine, war and exile in Israel in Egypt, or the principles of sustainability – all of these issues that concern us today are echoed in Handel’s works. The 2024 Festival program will bridge the gap between the 18th and 21st centuries, revealing connections between Handel’s music and the pressing issues of our time. With its bridge to the 19th century, the Festival opera Sarrasine introduces yet another layer: this pasticcio combines a masterpiece of 19th century literature with largely unknown music by Handel. The result is an entirely unprecedented work. New twists on familiar formats can also be experienced at our concerts in Göttingen and southern Lower Saxony. Handel as seen through the eyes of violinist Joseph Joachim or a contemporary jazz version juxtaposed with the historical interpretation by our FestspielOrchester Göttingen, the saxophone alongside a world-class recorder duo or instruments such as the serpent, salterio and carillon – all this with outstanding artists who are flocking to Göttingen to celebrate Handel. Kaleidoscope, according to its Greek origin, means “the observation of beautiful forms”. Where that beauty shines in Handel’s works is in the eye of the beholder. Like a magical telescope, the view keeps shifting, allowing for individual interpretations – by performers, Handel experts or listeners just getting acquainted with the composer. To help focus on the present, it is often worth looking to the past. You are more than welcome to come and discover your own unique perspective on this music and the themes it explores at this year’s Festival. Jochen Schäfsmeier George Petrou Geschäftsführender Intendant Künstlerischer Leiter Managing Director Artistic Director Sparkling fragments

Willkommen · Welcome 10 11 Der deutsche Komponist Georg Friedrich Händel war schon zu Lebzeiten ein Superstar und feierte in ganz Europa Triumphe. Er beherrschte alle Genres seiner Zeit und war ein viel umworbener Musiker. Auch der Kurfürst Georg Ludwig von Hannover wurde auf ihn aufmerksam und bot ihm den Posten des Hofkapellmeisters an. Den reiselustigen Händel hielt es von 1710 bis 1712 in der welfischen Residenzstadt im heutigen Niedersachsen, dann siedelte er nach London über. Es freut mich sehr, dass die Internationalen Händel-Festspiele Göttingen bereits seit 1920 dieses großartigen Komponisten gedenken. Das diesjährige Motto Kaleidoskop verrät uns bereits, dass wir uns auf ständig wechselnde Formen, Farben und Eindrücke freuen können und Händels Erbe in noch nie da gewesener Art und Weise erleben dürfen. Ich wünsche allen Musikbegeisterten einen guten Start in die neue Festivalsaison mit zahlreichen inspirierenden Momenten! Wechselnde Formen, Farben, Eindrücke Shifting Shapes, Colours, Impressions The German composer George Frideric Handel was a superstar during his lifetime and enjoyed tremendous success across Europe. He mastered all the genres of his time and was greatly in demand as a musician. He also attracted the attention of the Elector Georg Ludwig of Hanover, who offered him the post of Court Kapellmeister. Handel, who loved to travel, resided in the Guelph residence in what is now Lower Saxony from 1710 to 1712, after which he moved to London. I am extremely pleased that the Göttingen International Handel Festival has been commemorating this great composer since 1920. This year’s motto Kaleidoscope already gives us a clue that we can look forward to constantly shifting shapes, colours and impressions as we experience Handel’s legacy in an unprecedented way. I wish all music aficionados a good start to the new Festival season filled with plenty of inspirational moments! Falko Mohrs Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur Lower Saxony’s Minister for Science and Culture

Willkommen · Welcome 12 13 Die Händel-Festspiele sind nicht nur international sehr geschätzte Festspiele aus Göttingen, sie sind auch immer ein Fest der gesamten Region. Wie wichtig der räumliche Kontext für die Musik ist (und nicht nur umgekehrt), zeigt uns der schon zum dritten Mal zu verleihende Sonderpreis „Musik und Raum“ der göttingen händel competition. „Händel Goes Regional“: Das ist kein Hinweis auf die so inspirierende Reiselust des Komponisten, das ist die erklärte Mission des Kreistags, der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Sparkassen Osterode und Duderstadt, Händel in den Landkreis zu spielen. Herzlich willkommen! The Handel Festival is not only the internationally esteemed Festival of Göttingen, it is one that invariably celebrates the region as a whole. The importance of the spatial context for music (and not only vice versa) is reflected by the third annual presentation of the special prize “Music and Space” at the göttingen handel competition. “Handel Goes Regional”: this is not a reference to the composer’s ever so inspiring love of travel, this is the mission expressed by the District Council, the Lower Saxony Sparkassenstiftung and the Sparkasse of Osterode and Duderstadt to ensure Handel’s presence throughout the region. A warm welcome from us to you! Conrad Finger Dezernat für Jugend, Bildung, Kultur, Soziales, Innere Dienste und Recht Department for Youth, Education, Culture, Social Affairs, Internal Services and Law Ein Fest der gesamten Region Celebrating the Region as a Whole Kaleidoskop – gefeiert wird die Vielfalt des Schönen und die Schönheit des Vielfältigen. Das verspricht ein bemerkenswertes Ereignis zu werden, eine tief berührende künstlerische Vision. Uns erwartet eine außergewöhnliche Zusammenstellung von bisher unveröffentlichten „Händel-Scherben“. Auf der Bühne wird es um Fluchtgeschichten, um bedeutende Frauen, um sexuelle Selbstbestimmung, geschlechtliche Identität und Liebe gehen. Händel könnte kaum zeitgemäßer sein. Lassen Sie es sich nicht entgehen! Kaleidoscope – celebrating the diversity of beauty and the beauty of diversity. This promises to be a remarkable event, a deeply moving artistic vision. We can expect an extraordinary compilation of previously unpublished “Handel fragments”. The stage will explore escape stories, eminent female figures, sexual empowerment, gender identity and love. Handel could hardly be more relevant to our times. Don’t miss out! Petra Broistedt Oberbürgermeisterin der Stadt Göttingen Mayor of the city of Göttingen Händel könnte kaum zeitgemäßer sein Handel is as relevant as ever

Willkommen · Welcome 14 15 Stiftungsarbeit ist Hoffnungsarbeit. Wer sich aufträgt, nachhaltig Musik und Kultur zu fördern oder nachhaltig in eine und für eine doch eigentlich ungewisse Zukunft zu arbeiten, braucht Optimismus. Und bietet Grund für solchen. Im zwanzigsten Jahr ihres Bestehens sucht die Stiftung deshalb nach denen, die den Blick nach vorn öffnen: Hoffnungsträger. Oder, weil das diesjährige Festspielthema Kaleidoskop Licht gestaltet: Lichtgestalten. Sie findet sie im Mythos, etwa in Deborah im gleichnamigen Händelschen Oratorium, oder bei drei der größten Virtuosinnen und Virtuosen der Gegenwart, Dorothee Oberlinger, Erik Bosgraaf und Pierre Hantaï. Dreimal lädt die Stiftung Internationale Händel-Festspiele Göttingen ein, nach vorn zu blicken – zur Bühne und in die Zukunft. The work of a foundation is a labour of hope. Anyone who sets out to sustainably foster music and culture or to work sustainably into and for a future that actually remains uncertain needs optimism. And offers a reason for it. In the twentieth year of its existence, the foundation is thus looking for those who open their eyes to the future: beacons of hope. Or, in light of this year’s Festival theme, Kaleidoscope: shining lights. They can be found in myths, such as Deborah in Handel’s oratorio of the same name, or in three of the greatest virtuosos of our time, Dorothee Oberlinger, Erik Bosgraaf and Pierre Hantaï. And on three occasions, the Göttingen International Handel Festival Foundation invites you to look forward – towards the stage and into the future. Dr. Christian Struck · Katrin Engelke · Dominicus von Nerée Vorstand der Stiftung Internationale Händel-Festspiele Göttingen Board of the Stiftung Internationale Händel-Festspiele Göttingen Hoffnungsträger, Lichtgestalten Beacons of hope, shining lights Jedes Kind kennt diesen magischen Moment: Farben und Formen zerfallen, wandeln sich und entstehen immer wieder aufs Neue – beim Blick in das Kaleidoskop. Kluge Köpfe wie der BrahmsFreund Eduard Hanslick haben die Musik mit einem solchen Formenspiel verglichen. Auch Händels Musik bietet uns eine solch farbenreiche Vielfalt. George Petrou und Jochen Schäfsmeier haben in diesem Jahr für uns ein sehr facettenreiches Programm zusammengestellt. Besonders freue ich mich auf die Festspieloper Sarrasine, ein von Petrou arrangiertes Opern-Pasticcio nach der gleichnamigen Novelle von Balzac. Ich wünsche Ihnen viele farbige und magische Momente beim Blick in das Händel-Kaleidoskop 2024! Every child knows that magical moment when colours and shapes dissolve, shift and reappear over and over again – while gazing into a kaleidoscope. Clever minds, such as Brahms’ friend Eduard Hanslick, have drawn parallels between music and this kind of shape-shifting. Handel’s music also offers such vivid variety. George Petrou and Jochen Schäfsmeier have put together an extremely multifaceted program for us this year. I am particularly looking forward to the Festival opera Sarrasine, an operatic pasticcio arranged by Petrou and based on Balzac’s novella of the same name. I wish you all plenty of colourful and magical moments as you gaze into the 2024 Handel kaleidoscope! Prof. Dr. Wolfgang Sandberger Vorsitzender der Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. Chairman of the Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. Farbige und magische Momente Moments of colour and magic

Begeistern ist einfach. Wenn Sie den richtigen Ansprechpartner vor Ort haben. Gemeinsam unterstützen wir als größter nichtstaatlicher Kulturförderer viele Projekte in unserer Region. So wie die Internationalen Händel-Festspiele. Sie sind das weltweit älteste Festival für Alte Musik, fest mit unserer Stadt verwurzelt und begeistern seit Jahren Musikfreunde von nah und fern. Weil´s um mehr als Geld geht. S Niedersächsische Sparkassenstiftung S Sparkasse Göttingen AUSBLICK

Nicholas McGegan Sherezade Panthaki 19 Deborah HWV 51 18 Deborah HWV 51 Oratorium · Oratorio Eine Frau, die in die Zukunft sehen kann. Eine Richterin, die unter Männern Karriere macht. Eine Retterin, die ihr Volk befreit. Deborah ist eine der beeindruckendsten Frauenfiguren des Tanach und des Alten Testaments – und Georg Friedrich Händel erzählt ihre Geschichte im gleichnamigen Oratorium. In Göttingen kommt es mit einem Special Guest zur Aufführung: Die Leitung des Konzertes hat Nicholas McGegan, ehemaliger Künstlerischer Leiter der Händel-Festspiele. Oxford im Sommer 1733. Händel trommelt einhundert Mitwirkende zusammen, um Deborah zu präsentieren. Strahlende Trompeten und Hörner, doppelte Holzbläserbesetzung sowie ein wuchtiges Begleitfundament, bestehend aus zwei Cembali und zwei Orgeln. Es ist ein Versuch, das Blatt zu wenden – denn eigentlich steht er vor dem wirtschaftlichen Ruin. Dass es so weit kommen konnte, liegt an einem Kreis hochnäsiger Adeliger. Schon seit Monaten versuchen sie, Händel aus dem Londoner Musikleben zu ekeln. Das Ganze gipfelt in der Gründung einer neuen Operngesellschaft unter der Leitung von Prinz Frederick of Wales, der „Opera of Nobility“. Nobel ist daran allerdings gar nichts: Der Prinz und seine erlauchten Freunde machen Stimmung gegen Händel und werben seine Solistinnen aus dem King’s Theatre ab. Händels prominente Position im Londoner Musikleben soll ins Wanken gebracht werden. Und was macht Händel? Er hat eine unkonventio- nelle Idee. Anstatt weiter italienische Opern zu schreiben, setzt er alles auf eine neue Gattung, die er zuvor schon erprobt hat: das englische Oratorium. Der Plan geht auf: Mit der Aufführung in Oxford fährt Händel einen großen Gewinn ein, das Oratorium wird bis 1735 dreizehnmal aufgeführt. 1737 ist auch der Spuk von Prinz Frederick vorbei: die „Opera of Nobility“ scheitert. Händel hingegen verfolgt seinen Pfad des Oratoriums und macht sich spätestens mit dem Messiah unsterblich. Eine Erfolgsgeschichte, deren Zauber sich bereits in Deborah entfaltet.

In Zusammenarbeit mit · In Collaboration with Franziska Gottwald NDR Radiophilharmonie Jüdische Gemeinde Göttingen Jüdische Kultusgemeinde für Göttingen und Südniedersachsen 20 21 13.4. 19.00 Uhr · 7 pm St. Johannis-Kirche Konzert · Concert Dauer · Duration: ~ 2,5 h 38–75 €, red. 28–52 € Werk von Georg Friedrich Händel Sherezade Panthaki Sopran · Soprano Deborah Franziska Gottwald Mezzosopran Mezzo-soprano Sisera Hugh Cutting Countertenor Barak Andrew Foster-Williams Bass-Bariton Bass-baritone Abinoam Amanda Forsythe Sopran · Soprano Jael and Israelite Woman Collegium Vocale Hannover Capella St. Crucis Florian Lohmann Einstudierung Chöre Chorus master NDR Radiophilharmonie Nicholas McGegan Musikalische Leitung Musical Director A woman who can envision the future. A female judge who builds a career among men. A saviour who liberates her people. Deborah is one of the most impressive female figures in the Tanakh and Old Testament – and George Frideric Handel tells her story in the oratorio of the same name. In Göttingen, the concert will be performed with a special guest: Nicholas McGegan, former Artistic Director of the Handel Festival, will take the podium as conductor. Oxford, summer of 1733. Handel rounds up one hundred performers to perform Deborah. Radiant trumpets and horns, double woodwinds, and a substantial accompanying foundation consisting of two harpsichords and two organs. It is an attempt to turn the tide – because in fact, he is facing economic ruin. That it could come to this is due to a circle of uppity aristocrats. For months they have been trying to drive Handel out of London’s musical scene. The entire affair culminates in the founding of a new opera company under the direction of Prince Frederick of Wales, the “Opera of Nobility”. But there is nothing noble about it: the prince and his illustrious friends campaign against Handel and recruit his soloists from the King’s Theatre. Handel’s prominent position in London’s musical scene is to be destabilized. Deborah HWV 51 Mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung der With organizational and financial support of the And what does Handel do? He comes up with a very unconventional idea. Instead of continuing to write Italian operas, he stakes everything on a new genre he has already tried out before: the English oratorio. The plan works: Handel makes a major profit with the Oxford performance, and the oratorio is performed thirteen times by 1735. In 1737, Prince Frederick’s spook is also over: the “Opera of Nobility” flops. Handel, on the other hand, continues along his oratorio path and, at the latest with the Messiah, manages to make himself immortal. A success story whose magic already begins to unfold in Deborah.

Gefördert von · Supported by 23 Der rollende Georg · Rolling George 22 Die englische, schon für sich sehr musikalische Vokabel „roll“ lässt sich sinnhaft auch mit „ticken“ übersetzen. This is how we roll: so ticken wir. Wer also wissen möchte, wie die diesjährigen Händel-Festspiele ticken, der findet das Anfang Mai ganz folgerichtig beim Rollenden Georg heraus, der mobilen musikalischen Festspielbühne für Pop-UpKonzerte in Göttingen und der Region. Direkt beim Publikum, Open Air, moderiert und kostenlos. Die Festspiele beginnen bald! – Das Signal gibt dieses Jahr ein Hornquartett unter Leitung Stephan Kattes. Danach dauert es gar nicht mehr lang; tick tick tick. If you want to find out how this year’s Handel Festival’s going to roll, the way to do it is at the beginning of May at Rolling George: the mobile musical festival stage for pop-up concerts in Göttingen and the region. Right up close to the audience, open air, moderated and free of charge. The Festival starts soon! And this year, a horn quartet led by Stephan Katte will be rolling out the red carpet in preparation for the Festival opening. Hornensemble „da caccia“ Stephan Katte Horn Ursula Weber Horn Isabel Hunter Horn Tomasz Grochalski Horn 2.5. 12.00 Uhr · 12 pm Kirchplatz, Hann. Münden 2.5. 14.00 Uhr · 2 pm Am Bürgerpark, Adelebsen 3.5. 10.00 Uhr · 10 am Kurpark, Bad Lauterberg 3.5. 11.45 Uhr · 11.45 am Skaterplatz am Juessee, Herzberg 3.5. 15.00 Uhr · 3 pm Parkplatz THIMMVerpackungen, Northeim 4.5. 10.00 Uhr · 10 am An der Marktkirche, Einbeck 4.5. 12.15 Uhr · 12.15 pm Marktstraße, Duderstadt (tbc.) Eintritt frei · Admission free Der rollende Georg Rolling George rollt in der Region rolls across the region

#lokaljournalismus Verlässliche Nachrichten auf allen Kanälen Folgt uns auf Instagram, Facebook und Co. Werdet Teil unserer Community! 25 WE = Werkeinführung · Pre-performance talk Donnerstag · Thursday, 9.5.2024 1. FESTSPIELTAG FESTIVAL DAY 1 Eröffnung Audiowalk 10.00 Uhr · 10 am Händel-Denkmal A S. 116 Il Trionfo del Tempo e del Disinganno HWV 46 a Oratorium · Oratorio 19.00 Uhr · 7 pm Stadthalle Göttingen WE (dt./en.): 18.00 Uhr · 6 pm A S. 26

Szenenfoto George Petrou 26 27 1. Festspieltag · Festival Day 1 · 9.5. Il Trionfo del Tempo e del Disinganno HWV 46 a Oratorium · Oratorio Wie sollen wir leben? Das ist die Frage in diesem Oratorium. Da ist das junge Ich, die „Schönheit“ (Bellezza), die sich zwischen hedo- nistischem Lebensstil und Askese entscheiden soll. Drei allegorische Figuren – „Zeit“ (Tempo), „Ernüchterung“ (Disinganno) und „Vergnügen“ (Piacere) – säuseln ihr ins Ohr. Will sie im glitzernden Hier und Jetzt umherwirbeln oder sich auf die Suche nach wahren, tiefen Werten begeben? Dass am Ende Piacere den Kürzeren zieht und die christliche Moral recht hoch im Kurs steht, liegt am Librettisten des Werkes: Kardinal Benedetto Panfili. Er zählte zu den wichtigsten Gönnern Händels in Rom und lieferte Texte für zwei seiner Oratorien, als Händel mit Anfang 20 in Italien weilte. Allerdings repräsentierte Panfili schon damals eine Kirche, die nicht immer das vorlebte, was sie predigte. Grübeln und Verzicht jedenfalls zählten nicht gerade zu den Aktivitäten des exquisiten Zirkels, in dem der Kardinal seine Freizeit verbrachte: der „Accademia dell’Arcadia“. Benannt nach der griechischen Landschaftsidylle Arkadien trafen sich hier regelmäßig adelige und geistliche Würdenträger in ihren Palästen und Gärten, um die Gedanken mithilfe von Schäferstündchen zu zerstreuen. Schäferstündchen im herkömmlichen Sinne, denn die Bezeichnung geht auf die Schäferdichtung zu Händels Zeiten zurück. Die Reichen vertrieben ihre Langeweile, indem sie mit Hilfe von Poesie das einfache Leben von Hirten idealisierten. So verkleideten sich die Arkadier mit Stab und Täschchen und spielten Landleben. Gast in dieser illustren Runde war auch Georg Friedrich Händel – seine römischen Förderer luden ihn regelmäßig ein. Für funkelnde Improvisationen auf der Orgel und pianistischen Schlagabtausch erhielt er Zutritt zu einem exklusiven Netzwerk und Unterstützung für neue Werke, wie für sein erstes Oratorium. Von dem erhobenen Zeigefinger der kardinalen Texte ließ er sich nicht einschüchtern. Vielmehr ruft sein Werk Assoziationen an arkadische Spaziergänge wach: In den bezaubernden Soli der Oboe kann die Fantasie schweifen, wie

Xavier Sabata Emőke Baráth Gefördert durch · Supported by In Zusammenarbeit mit · In Collaboration with 28 29 1. Festspieltag · Festival Day 1 · 9.5. wenn der Hirte seine Schalmei singen lässt. Aber nicht nur nachdenkliche Töne haben im Oratorium Platz. Die Musik ist ein hinreißender Triumph für die Schönheit an sich, die sich weder Vergnügen noch Suche nach Wahrheiten versagt. Händels Oratorien sind häufig so dramatisch, dass sie wie Opern inszeniert werden. Folkert Uhde übersetzt die Musik mittles einer Video-Inszenierung ins Visuelle und bietet so einen zeitgemäßen Triumph für alle Sinne. How should we live? That is the question raised in this oratorio. Here there is the young self, the “beauty” (Bellezza), who has to choose between a hedonistic lifestyle and asceticism. Three allegorical figures – “time” (Tempo), “disillusionment” (Disinganno) and “pleasure” (Piacere) – whisper in her ear. Would she prefer to dash around in the glittery here and now or set out in search of true, profound values? That Piacere draws the short straw at the end and Christian morality prevails is due to the work’s librettist: Cardinal Benedetto Panfili. He was one of Handel’s most important patrons in Rome and provided texts for two of his oratorios while Handel was in Italy in his early 20s. However, even then Panfili represented a church that did not always exemplify what it preached. In any case, rumination and renunciation were not exactly among the activities of the exclusive circle, the “Accademia dell’Arcadia”, in which the cardinal spent his free time. Named after the idyllic Greek landscapes of Arcadia, noble and clerical dignitaries regularly met here in their palaces and gardens to clear their minds through shepherd’s tales – a term which can be traced back to the shepherd’s poetry of Handel’s time. The rich alleviated their boredom by idealizing the simple life of shepherds through poetry. Hence, the Arcadians dressed up with staff and pouch and played out country living. George Frideric Handel was also a guest in this illustrious circle – his Roman patrons invited him regularly. For scintillating improvi- sations on the organ and pianistic repartee, he gained access to an exclusive network and support for new works, such as his first oratorio. He was not intimidated by the pointed finger raised by the cardinal texts. His work rather evokes associations with Arcadian walks: the imagination can wander in the enchanting solos of the oboe, just as when the shepherd lets his shawm sing out. But there is room in the oratorio for more than just pensive tones. The music is an entrancing triumph for beauty itself, which denies itself neither pleasure nor the search for truths. Handel’s oratorios are at times so dramatic that they are staged like operas. Folkert Uhde translates the music into visuals by means of a video production and thus offers a contemporary feast for all the senses. 9.5. 19.00 Uhr · 7 pm Stadthalle Göttingen Konzert · Concert Dauer · Duration: ~ 3 h 52–104 €, red. 37–73 € Werk von Georg Friedrich Händel Louise Kemény Sopran · Soprano Bellezza Emőke Baráth Sopran · Soprano Piacere Xavier Sabata Countertenor Disinganno Emanuel Tomljenovic Tenor Tempo FestspielOrchester Göttingen George Petrou Musikalische Leitung Musical Director Folkert Uhde Bühne, Video · Staging, Video Ilka Seifert Regie · Director Jörg Bittner Licht · Light designer Werkeinführung (dt.) 9.5., 18.00 Uhr Prof. Dr. Laurenz Lütteken Stadthalle, Tagungsraum 4 Pre-perfomance talk (en.) 9.5., 6 pm Stadthalle, Tagungsraum 3 Eintritt frei mit gültiger Eintrittskarte. Admission free with valid ticket.

Psychology always plays a part. © Foto: Alciro Theodoro da Silva At Hogrefe we have been playing our part for 75 years as a leading European publisher in psychology. We are very proud to sponsor the Internationale Händel-Festspiele, Göttingen this year. 31 WE = Werkeinführung · Pre-performance talk Freitag · Friday, 10.5.2024 Good Morning, George! 10.00 Uhr · 10 am St. Jacobi-Kirche A S. 32 Mitgliederversammlung Göttinger Händel-Gesellschaft e. V. 11.00 Uhr · 11 am Literaturhaus A S. 130 Werk und Flickwerk Festvortrag 15.00 Uhr · 3 pm Sternwarte A S. 34 Sarrasine Festspieloper – Premiere 18.00 Uhr · 6 pm Deutsches Theater Göttingen WE (dt./en.): 17.00 Uhr · 5 pm A S. 36 2. FESTSPIELTAG FESTIVAL DAY 2

Ernst Puschmann 32 33 2. Festspieltag · Festival Day 2 · 10.5. Good Morning, George! Ernst Puschmann Carillon Premiere! So, wie wir zur Festspielzeit den neuen Morgen feiern – jeden Tag ein bisschen anders, ganz wie bei einem Kaleidoskop –, so feiern wir dieses Jahr das erste „Good Morning, George!“ mit Carillon- statt Glockenspiel-Klängen über den funkelnden Dächern der Stadt. Rechtzeitig zum 600. Jubiläumstag der ältesten Glocke des Turms im Juni letzten Jahres, wurde das Glockenspiel nach und nach um eine zweite Oktave erweitert und darf sich nun Carillon nennen. Und ist damit neben Carillons in Halle und London in guter Händel- Stadt-Gesellschaft. Beim Glockenfest der St. Jacobi- Gemeinde wurde es eingeweiht, beim Händel- Fest weiht es unsere Festspieltage ein. Guten Morgen und Guten Morgen, Georg! Premiere! Just as we greet the new dawn at Festival time – each day a little different, much like a kaleidoscope – this year we greet the first “Good Morning, George!” with the sounds of a carillon instead of a glockenspiel above the city’s glistening rooftops. Right in time for the 600th anniversary of the tower’s oldest bell last June, the glockenspiel was successively extended by a second octave and may now be called a carillon. This puts it in good Handel City company alongside carillons in Halle and London. It was inaugurated at the St. Jacobi parish bell festival, and at the Handel Festival it will be inaugurating our Festival season. A good morning all around, and good morning, George! St. Jacobi-Kirche 10.5. 10.00 Uhr · 10 am 13.5. 10.00 Uhr · 10 am 14.5. 10.00 Uhr · 10 am 15.5. 10.00 Uhr · 10 am 16.5. 10.00 Uhr · 10 am 17.5. 10.00 Uhr · 10 am Veranstaltungen · Events Eintritt frei · Admission free In Zusammenarbeit mit · In Collaboration with

34 35 2. Festspieltag · Festival Day 2 · 10.5. In der Musik des 18. Jahrhunderts steht das „Werk“ im Zentrum, gebunden an einen Komponisten und an klare Zuordnungen. Insbesondere in der Opernpraxis sind solche Zuordnungen mitunter fragwürdig, weil in und mit der Aufführungssituation viele Unwägbarkeiten verbunden sind. Sie reichen weit über Kleinigkeiten und Details hinaus. Noch unsicherer wird die Situation bei Bearbeitungen fremder Werke, Gemeinschaftsprodukten oder auch in der „Pasticcio“-Praxis, die für Händel eine gewichtige Rolle spielt. Hier werden, willentlich, mehrere Autoren kombiniert – und das keineswegs etwa aus Verlegenheit heraus. So irritierend der Sachverhalt auf den ersten Blick sein mag, in ihm zeigt sich durchaus eine „andere“ Seite des 18. Jahrhunderts – der im Vortrag detaillierter nachgegangen werden soll. In 18th century music, the “work” is central, with a link to a specific composer and with clear attributions. Particularly in opera however, such allocations are somewhat questionable because of the many unknowns associated with the performance situation. They extend far beyond minor details. The situation is even more ambiguous when it comes to arrangements of other people’s works, joint ventures or the practice of “pasticcio”, which plays an important role in Handel. Here, several authors are deliberately combined – and by no means out of uncertainty. As perplexing as this may seem at first, it reveals a “different” side of the 18th century – which will be explored in more detail in the lecture. Festvortrag Werk und Flickwerk Work and patchwork Multiple Autorschaften im 18. Jahrhundert Multiple authorships in the 18th century 10.5. 15.00 Uhr · 3 pm Sternwarte Prof. Dr. Laurenz Lütteken Zürich Lecture in German Dauer · Duration: ~ 60 min Eintritt frei · Admission free Unterstützt durch · Supported by

George Petrou Myrsini Margariti Mitschnitt von · Recorded by 36 37 2. Festspieltag · Festival Day 2 · 10.5. „À la Balzac“ nennen Literaturnerds eine Geschichte, die dem Modell des „realistischen“ Romans folgt. So sehr hat der französische Schriftsteller Honoré de Balzac die literarische Gattung geprägt. In seinen Büchern spiegelt sich die ganze Welt, seine Charaktere verhalten sich wie echte Menschen, und Durchschnittstypen sucht man bei ihm vergebens. In der Novelle Sarrasine hat Balzac zwei Erzählstränge zu einem Gleichnis verschmolzen: Madame de Rochefide flaniert mit dem Ich-Erzähler über einen Pariser Ball. Als der Bewohner des Hauses erscheint, geschieht etwas Bizarres: Bei der Berührung der Madame beginnt der alte Mann zu schreien. Sie möchte daraufhin wissen, was es mit ihm auf sich hat. In einem abgeschiedenen Zimmer erfährt sie von ihrem Begleiter, dass der Greis einst in Rom als Opernsängerin Zambinella auftrat. In sie verliebte sich der Bildhauer Sarrasine, der nicht wusste, dass es sich bei der Sängerin um einen kastrierten Mann handelte. Es ist eine Geschichte über die Unkontrollierbarkeit von Liebe, sagt George Petrou, der zusammen mit dem Regisseur Laurence Dale die Novelle als Händel-Oper neu auflegt. Denn Geschlechtertausch und sexuelle Doppeldeutigkeiten auf der Bühne waren im 18. Jahrhundert völlig normal: Sopranistinnen verkörperten männliche Titelrollen, Protagonisten wie Protagonistinnen wurden von Kastraten dargestellt. Mit ihren leuchtend brillanten Stimmen waren sie prädestiniert für Heldenrollen und Geliebte und wurden vom Publikum geradezu vergöttert. Petrou hat Arien ausgewählt, die Händel beim Opernkomponieren aussortiert hatte. Nicht, weil sie von minderer Qualität waren, so der Künstlerische Leiter, es seien geradezu Meisterstücke, die Händel damals aus dramaturgischen Gründen verworfen hat. Petrou hat sie jahrelang gesammelt und nun zu Balzacs Erzählung neu arrangiert. Er kreiert ein Musiktheater des 21. Jahrhunderts, mit einem Text, der 1830 veröffentlicht wurde, und schockierend guter Musik aus dem 18. Jahrhundert. Balzac wäre von der Erzählweise des „All-Eins-Sein“ begeistert. Sarrasine Festspieloper · Festival Opera

Unterstützt durch Supported by In Zusammenarbeit mit In Collaboration with Juan Sancho Samuel Mariño 38 39 2. Festspieltag · Festival Day 2 · 10.5. ”À la Balzac” is what literary nerds call a story that follows the model of the “realistic” novel. This is just how much the French writer Honoré de Balzac shaped the literary genre. The whole world is reflected in his books, his characters behave like real people, and you look in vain for average characters in his work. In the novella Sarrasine, Balzac merged two narrative threads into one parable: Madame de Rochefide is sauntering with the first-person narrator at a Paris ball. When the resident of the house appears, something bizarre happens: upon Madame’s touch, the old man begins to scream. Afterwards, she wants to learn all about him. In a secluded room, she finds out from her companion that the old man once performed in Rome as the opera singer Zambinella. The sculptor Sarrasine, who did not know that the singer was a castrated man, fell in love with her. It is a story about the uncontrollability of love, says George Petrou, who, together with director Laurence Dale, is reviving the novella as a Handel opera. After all, gender-swapping and sexual ambiguities on stage were completely normal in the 18th century: sopranos embodied male title roles, male and female protagonists alike were portrayed by castrati. With their luminously brilliant voices, they were predestined for heroic roles and mistresses and they were pretty much idolized by the audience. Petrou has selected arias that Handel discarded when composing operas. Not because they were of inferior quality, according to the Artistic Director; they Premiere 10.5. 18.00 Uhr · 6 pm Deutsches Theater Dauer · Duration: ~ 3 h 69–195 €, red. 62–157 € Weitere Aufführungen Further performances 11.5. 18.00 Uhr · 6 pm 15.5. 18.00 Uhr · 6 pm 19.5. 17.00 Uhr · 5 pm 20.5. 17.00 Uhr · 5 pm 58–142 €, red. 41–94 € Werke von Georg Friedrich Händel Myrsini Margariti Sopran · Soprano Mme de Rochefide Samuel Mariño Sopran · Soprano Zambinella Juan Sancho Tenor Sarrasine Sreten Manojlović Bass-Bariton Bass-baritone Balzac FestspielOrchester Göttingen George Petrou Musikalische Leitung Musical Director Laurence Dale Regie · Director Giorgina Germanou Bühnenbild und Kostüme Stage and costume designer John Bishop Licht · Light designer Werkeinführungen (dt.) Deutsches Theater Göttingen, DT-2 10.5., 17.00 Uhr Prof. Dr. Corinna Herr 11.5., 17.00 Uhr Prof. Dr. Corinna Herr 15.5., 17.00 Uhr Prof. Dr. Andreas Waczkat 19.5., 16.00 Uhr Prof. Dr. Andreas Waczkat 20.5., 16.00 Uhr Prof. Dr. Volker Römermann Pre-perfomance talks (en.) Deutsches Theater Göttingen, DT-X 10.5., 5 pm 11.5., 5 pm 19.5., 4 pm 20.5., 4 pm Eintritt frei mit gültiger Eintrittskarte. Admission free with valid ticket. were downright masterpieces that Handel discarded at the time for dramaturgical reasons. Petrou collected them for years and has now rearranged them to Balzac’s narrative. He has created a piece of musical theater for the 21st century, with a text published in 1830 and shockingly good music from the 18th century. Balzac would have been thrilled by the “being all one” narrative.

PACKENDE MUSIK ERLEBEN Mit unseren nachhaltigen Verpackungen aus Wellpappe verpacken wir bei THIMM Konsumgüter aller Art. Wie in einem Orchester, in dem jedes Instrument eine einzigartige Rolle spielt, sind dabei unsere Mitarbeitenden der Schlüssel für ein erstklassiges Ergebnis – und das bereits seit 75 Jahren! Als umsichtiger Partner liegt uns insbesondere die Förderung der Regionen rund um unsere Standorte am Herzen – so auch in Südniedersachsen. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei den wunderbaren Konzerten der diesjährigen Händel-Festspiele! 41 B = Bustransfer, WE = Werkeinführung · Pre-performance talk Samstag · Saturday, 11.5.2024 Obskure Praxis? Symposium 10.00 Uhr · 10 am Sternwarte A S. 42 Musikalische Playmobil-Performance 15.00 Uhr · 3 pm Sheddachhalle A S. 118 Stadtführung Rund ums Gänseliesel 15.00 Uhr · 3 pm Altes Rathaus Sarrasine Festspieloper 18.00 Uhr · 6 pm Deutsches Theater Göttingen WE (dt./en.): 17.00 Uhr · 5 pm A S. 36 Lutz Koppetsch 19.30 Uhr · 7.30 pm Stadthalle Northeim B: 18.15 Uhr · 6.15 pm A S. 44 3. FESTSPIELTAG FESTIVAL DAY 3

Unterstützt durch · Supported by 42 43 Wissenschaftliche Leitung · Academic direction: Prof. Dr. Panja Mücke, Prof. Dr. Stefanie Acquavella-Rauch Dem Pasticcio wird im Musikleben und in der Forschung in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit zuteil: So haben Musikwissenschaft und Librettologie herausgearbeitet, dass die Pasticcio- Praxis keine mit mehr oder weniger großer Skepsis zu betrach- tende Angelegenheit gewesen ist. Vielmehr bestimmte sie die italienische Oper zwischen 1680 und 1800 in einem bis vor kurzem unvorstellbarem Ausmaß. Das Pasticcio war und ist für Forschende, Aufführende und Publikum von ganz eigenem Reiz durch den Mix aus Kompositionsstilen und intertextuellen Bezügen sowie die optimale Sänger-Präsentation. Das Symposium möchte Fragen der Pasticcio-Praxis im Blick auf Händels Opern und Oratorien sowie auf seine Tätigkeit als Theaterleiter nachgehen. Interest in the subject of Pasticcio has been steadily growing within the music community and among researchers over the past few years: musicology and librettology have established that the use of Pasticcio was not a matter to be regarded with varying degrees of skepticism. On the contrary, it characterized Italian opera between 1680 and 1800 to an extent that was until recently quite unfathomable. For scholars, performers and audiences, it was and still is highly appealing due not only to its mix of compositional styles and intertextual references, but also to the optimal presentation of the singers. The symposium aims to explore questions of Pasticcio practice with regard to Handel’s operas and oratorios and his work as a theater director. Symposium Obskure Praxis? An Obscure Practice? Händel und das Pasticcio Handel and Pasticcio 11.5. 10.00 Uhr · 10 am Sternwarte Dauer · Duration: ~ 4 h Eintritt frei · Admission free The symposium ist held in German. Einführung 10.00 Uhr Prof. Dr. Panja Mücke, Mannheim Händels Opernpasticci und die aufführungspraktische Umsetzung des Opernpasticcios heute 10.15 Uhr Sebastian Biesold, M.A., Frankfurt am Main Das Pasticcio als Verfahren in Architektur und Bildender Kunst der Händel-Zeit 11.00 Uhr Prof. Dr. Jens Niebaum, Münster Finanzielle Aspekte der PasticcioPraxis für Händel als Opernimpresario 12.15 Uhr Dr. Patrick Mertens, Heidelberg Pasticci von Händels Oratorien als Phänomen der Rezeption 13.00 Uhr Prof. Dr. Andreas Waczkat, Göttingen Die Vorträge des Symposions werden im Rahmen der Göttinger Händel-Beiträge veröffentlicht. · The lectures at the symposium will be published as part of the Göttinger Händel-Beiträge. 3. Festspieltag · Festival Day 3 · 11.5.

Unterstützt durch · Supported by In Zusammenarbeit mit · In Collaboration with 44 45 3. Festspieltag · Festival Day 3 · 11.5. Händel hätte es wohl geliebt: das Saxophon mit seinem markanten, rauchigen Klang und der kernigen Tiefe. Leider haben sich die beiden um rund 100 Jahre verpasst, das Saxophon wurde erst 1846 in Frankreich patentiert. In diesem Programm begegnet Händel dem Instrument zumindest musikalisch, mit Werken, die er und seine Zeitgenossen für Oboe, Fagott oder Gesang geschrieben haben. All diese Klangfarben überträgt Lutz Koppetsch auf das Saxophon: Der ARD-Preisträger und Professor an der Musikhochschule Würzburg lässt das Instrument in jeder Lage singen, flöten und schmettern. Nicht minder wandlungsfähig präsentiert sich das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau: Behände schlägt es den Bogen zwischen barocken Tänzen, Concerti grossi und Neudeutungen dieser Formen aus dem 20. Jahrhundert – moderiert von Dirigent Johannes Moesus und Lutz Koppetsch. Handel would have loved it no doubt: the saxophone with its distinctive, smoky sound and punchy depth. Unfortunately, the two missed each other by about 100 years; the saxophone was first patented in France in 1846. In this program, Handel meets the instrument at least musically, with works that he and his contemporaries wrote for oboe, bassoon or voice. Lutz Koppetsch carries all these timbres over to the saxophone: the ARD prizewinner and professor at the Musikhochschule Würzburg manages to harness the instrument’s entire sound palette throughout all its registers. The Bavarian Chamber Orchestra Bad Brückenau is no less versatile: it skilfully bridges the gap between baroque dances, concerti grossi and new 20th century interpretations of these forms – expertly moderated by moderated by conductor Johannes Moesus und Lutz Koppetsch. Lutz Koppetsch Barocke Begegnung mit dem Saxophon Baroque encounters with the saxophone Lutz Koppetsch Saxophon Bayerisches Kammerorchester Bad Brückenau Johannes Moesus Musikalische Leitung · Musical Director Werke von Pietro Antonio Locatelli, Georg Friedrich Händel, Antonio Vivaldi, Vladimir Vavilov, Arthur Foote 11.5. 19.30 Uhr · 7.30 pm Stadthalle Northeim Konzert · Concert Dauer · Duration: ~ 100 min 26–52 €, red. 13–26 € Bustransfer: 18.15 Uhr · 6.15 pm

Berthold Auerbach haendel-stiftung.de „Musik wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“ Kultur. Nachhaltig. Fördern. Stiftung Internationale Händel-Festspiele Göttingen c/o Seinige & Partner Wagnerstraße 2, 37085 Göttingen Vorstand: Dr. Christian Struck Katrin Engelke Dominicus von Nerée Spendenkonto: IBAN: DE83 2605 0001 0000 0035 33 BIC: NOLADE21GOE 47 B = Bustransfer Sonntag · Sunday, 12.5.2024 Oberlinger & Bosgraaf 11.00 Uhr · 11 am Aula der Universität A S. 48 Führung Forum Wissen (dt.) 15.00 Uhr · 3 pm Forum Wissen Als ich einmal Lust bekam 16.00 Uhr · 4 pm St. Nicolai-Kirche, Herzberg am Harz B: 14.45 Uhr · 2.45 pm A S. 50 NeoBarock 17.00 Uhr · 5 pm Sheddachhalle A S. 52 4. FESTSPIELTAG FESTIVAL DAY 4

Unterstützt durch · Supported by 48 49 4. Festspieltag · Festival Day 4 · 12.5. Fünfzig Flügelschläge pro Sekunde schaffen Kolibris im Schwirrflug. Das ist schneller als man gucken kann, weshalb das Flattern zwar nicht sicht-, aber hörbar ist – als bienenartiges Brummen. Dorothee Oberlinger und Erik Bosgraaf, zwei der größten Blockflötenvirtuos:innen unserer Tage, imitieren das Phänomen in ihrem Konzert mit dem ziemlich aufgeweckten Schlaflied für einen Kolibri von Zeitgenosse Markus Zahnhausen. In Sachen Virtuosität stehen die beiden den flinken Vögelchen übrigens in nichts nach: Ihre Finger sausen über die Grifflöcher, dass es einem den Atem verschlägt. Daneben birgt ihr Duo-Programm auch träumerische Melancholie, etwa ein Arrangement von Händels berühmter Arie Lascia ch’io pianga. Zusammen mit Moderationen beider verspricht der Auftritt farbenfroh und federleicht zu werden – wie gemacht fürs diesjährige Festival-Kaleidoskop. Hummingbirds can flap their wings fifty times per second when hovering. That is faster than the eye can follow, which is why the fluttering is not visible, but audible – as a bee-like buzzing. Dorothee Oberlinger and Erik Bosgraaf, two of the greatest recorder virtuosos of our day, imitate this phenomenon in their concert with the quite lively Schlaflied für einen Kolibri (Lullaby for a Hummingbird) by their contemporary, Markus Zahnhausen. In terms of virtuosity, the two are in no way second to the swift little birds: their fingers flit across the finger holes, taking the listener’s breath away. Their duo program also features dreamy melancholy, such as an arrangement of Handel’s famous aria Lascia ch’io pianga. In combination with the moderation by both of the musicians, the performance promises to be colourful and light as a feather – as if made for this year’s Festival Kaleidoscope. Stiftungskonzert Oberlinger & Bosgraaf Music for Two: Vogelflüge Music for two: birds in flight Dorothee Oberlinger Blockflöten · Recorders Erik Bosgraaf Blockflöten · Recorders Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Jacob van Eyck, Giuseppe Giamberti, Erik Bosgraaf, Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bach, Giuseppe Sammartini, Markus Zahnhausen 12.5. 11.00 Uhr · 11 am Aula der Universität Konzert · Concert Dauer · Duration: ~ 100 min 16–41 €, red. 10–31 € Ausklang nach dem Konzert: Meet the Artist bei einem Glas Wein. After the concert: Meet the Artist over a glass of wine.

Unterstützt durch · Supported by In Zusammenarbeit mit · In Collaboration with Ev.-luth. Nicolaikirchengemeinde Herzberg 50 51 4. Festspieltag · Festival Day 4 · 12.5. Ganz so alt wie Händels Musik ist das Mauerwerk aus Harzer Grauwacke ja noch nicht – und doch bietet die Nicolaikirche Herzberg den perfekten Resonanzraum für barocke Mehrchörigkeit. Rings um das Kirchenschiff können sich Musiker auf Emporen positionieren, in verteilten „Chören“ Klänge in den Raum werfen oder in vereinter Kraft mit mächtigen Akkorden das Tonnengewölbe zum Vibrieren bringen. Der Herzberger Kammerchor hat das Schwanthaler Trompetenconsort aus Österreich in seine Heimat im Südharz eingeladen, um gemeinsam solcher mehrchörigen Klangpracht zu huldigen. Kostbare Glanzlichter setzt dazu die Musik von Valentine Snow, Zeitgenosse Händels und seinerzeit Ober-Hoftrompeter des englischen Königs. The Harz greywacke stonework is not quite as old as Handel’s music – and yet the Church of St Nicolai in Herzberg offers the perfect acoustical space for baroque polychoral music. All around the nave, musicians can position themselves on galleries, cast sounds into the room in scattered “choirs” or join forces to make the vaulted ceiling vibrate with the sound of powerful chords. The Herzberg Chamber Choir invites the Austrian Schwanthaler Trompetenconsort to its home in the southern Harz region to pay homage to this multi-choral splendour. Precious highlights are guaranteed with the music by Valentine Snow, a contemporary of Handel and, in his day, the chief trumpeter to the English king. Als ich einmal Lust bekam When I suddenly fell for it Herzberger Kammerchor & Schwanthaler Trompetenconsort Herzberger Kammerchor Jörg Ehrenfeuchter Leitung · Choir Director Schwanthaler Trompetenconsort Franz Landlinger Leitung · Musical Director Werke von Johann Sebastian Bach, Johann (Jan) Dismas Zelenka, Christobal de Morales, Philipp Jakob Rittler, Claudio Monteverdi, Valentine Snow, Arnold von Bruck, Thomas Tallis 12.5. 16.00 Uhr · 4 pm Herzberg am Harz St. Nicolai-Kirche Konzert · Concert Dauer · Duration: ~ 2 h 20–31 €, red. 13–20 € Bustransfer: 14.45 Uhr · 2.45 pm Ausklang nach dem Konzert: Meet the Artist bei einem Glas Wein. After the concert: Meet the Artist over a glass of wine.

Unterstützt durch · Supported by 52 53 4. Festspieltag · Festival Day 4 · 12.5. NeoBarock Love Trips. Mit Rausch- und Reiseführer Peter Glass Love Trips. Flying high with tour guide Peter Glass Carly Power Sopran · Soprano Peter Glass Erzähler · Narrator NeoBarock Werke von Jean-Philippe Rameau und Georg Friedrich Händel Manche Paare heiraten, ohne sich jemals gesehen zu haben. Andere begnügen sich mit digitalen Affären, während wieder andere den Seelenverwandten fürs Leben suchen. Die Rituale der Liebe variieren je nach Kultur und Breitengrad – und diese Unterschiede faszinieren die Menschen seit Jahrhunderten. Bereits der Barockkomponist Jean-Philippe Rameau träumte sich ins Liebesleben fremder Völker. Seine Ballettoper Les Indes Galantes bereist vier Länder, in denen eine eigensinnige Inkaprinzessin, rivalisierende Liebhaber in Persien und eine treue Christin auftauchen. Ihre Geschichten erzählt der Schauspieler Peter Glass, gemeinsam mit dem Ensemble NeoBarock, das Rameaus Oper für die eigene Besetzung bearbeitet hat. Einen weiteren, furiosen Blickwinkel auf die Liebe wirft das fesselnde Delirio Amoroso, ein außergewöhnliches Kantatenwerk aus Georg Friedrich Händels Zeit in Italien. Den Liebeswahn einer jungen Frau übersetzt er hier in exaltierte Arien. Some couples marry without ever having seen each other. Others make do with digital affairs, while still others search for their soulmate for life. The rituals of love vary according to culture and latitude – and these differences have fascinated people for centuries. The baroque composer Jean-Philippe Rameau already daydreamed about the love lives of foreign peoples. His ballet opera Les Indes Galantes travels through four countries, featuring a headstrong Inca princess, rival lovers in Persia and a faithful Christian woman. Their stories are told by actor Peter Glass, together with the ensemble NeoBarock, which has adapted Rameau’s opera for its own cast of performers. Another racy perspective on love is provided by the captivating Delirio Amoroso, an extraordinary cantata work from George Frideric Handel’s time in Italy. Here he transforms the amorous madness of a young woman into arias of exaltation. 12.5. 17.00 Uhr · 5 pm Sheddachhalle Konzert · Concert Dauer · Duration: ~ 2 h 34 €, red. 17 € Ausklang nach dem Konzert: Meet the Artist bei einem Glas Wein. Post-concert nightcap: Meet the Artist over a glass of wine.

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